Was ist Kreatin?
Kreatin ist eine organische Substanz, die aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin synthetisiert wird und im Energiestoffwechsel eine zentrale Rolle spielt[1]. Es wird vorwiegend in Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse gebildet und zu etwa 90–95 % in der Skelettmuskulatur gespeichert[1], [2]. Geringere Mengen finden sich im Gehirn und anderen Geweben.
Der menschliche Körper synthetisiert circa 1–2 g Kreatin pro Tag, der Restbedarf (insgesamt ca. 2–4 g/Tag, abhängig von Muskelmasse und Aktivität) wird über Ernährung (vor allem Fleisch, Fisch) oder Supplementierung gedeckt[1]. Vegetarier und Veganer haben tendenziell niedrigere Speicher und sprechen oft stärker auf Supplementierung an[3].
Wie wirkt Kreatin im Körper?
Im Muskel wird Kreatin via Creatin-Kinase zu Phosphokreatin (PCr) phosphoryliert, das bei ATP-Abfall rasch eine Phosphatgruppe an ADP abgibt, um ATP wiederherzustellen. Dieses Puffer-System gewährleistet eine sofortige Energieversorgung bei hochintensiven Belastungen wie Sprint oder Krafttraining[1], [4]. Ohne Kreatinphosphat-Pool würde der ATP-Spiegel schneller absinken, was Leistungseinbußen zur Folge hätte.
Das Creatin/PCr-System fungiert zudem als Energieshuttle zwischen Mitochondrien und zytosolischen Verbrauchsorten, unterstützt die Regeneration und kann oxidativen Stress mindern[1]. Außerdem fördert es indirekt Proteinsynthese und anabole Signalwege[1].
Nutzen von Kreatin für Sportler
Über zahlreiche Studien und Metaanalysen ist belegt, dass Kreatinsupplementierung intramuskuläre Kreatinspeicher erhöht und somit leistungssteigernd wirkt:
- Kraftsteigerung: Erhöhte Maximalkraft bei regelmäßiger Einnahme von 3–5 g täglich in Kombination mit Widerstandstraining[1], [2].
- Muskelaufbau (Hypertrophie): Mehr Muskelmasse durch verbesserte Trainingsanpassung und Zellvolumen-Erhöhung[1].
- Regeneration: Schnellere Erholung, geringerer Muskelkater und verminderte Muskelschäden nach intensiven Einheiten[1], [4].
- Schnellkraft und Intervallleistung: Verbesserte Leistung in Sprints und wiederholten Belastungen; weniger Effekt bei reinem Ausdauersport[1].
- Thermoregulation: Unterstützung der Belastungstoleranz in Hitze ohne negative Auswirkungen auf Herz-Kreislauf[1].
Kreatin und allgemeine Gesundheit
Kognition: Systematische Reviews deuten auf leichte Verbesserungen von Gedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit hin, insbesondere bei älteren Erwachsenen, Vegetariern oder unter Stressbedingungen wie Schlafmangel[4]. EFSA sieht jedoch noch keine hinreichende Evidenz für einen kausalen Effekt auf allgemeine kognitive Funktionen[3].
Neuroprotektion: Erste Studien zeigen potenzielle Schutzwirkungen nach Hirnverletzungen, Schlaganfällen oder in neurodegenerativen Modellen, da Kreatin Energieversorgung und antioxidative Kapazität in Neuronen unterstützen kann[1]. Klinische Wirksamkeit in chronischen Erkrankungen (z.B. Parkinson, Alzheimer) ist jedoch noch unklar[3].
Alterung und Sarkopenie: In Kombination mit Krafttraining kann Kreatin im Alter Muskelschwund (Sarkopenie) entgegenwirken und Muskelkraft verbessern[2]. Experten empfehlen oft eine Basiszufuhr von etwa 3 g/Tag, um langfristig Muskelerhalt zu unterstützen[1].
Einnahme & Anwendung
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Dosis: 3–5 g Kreatinmonohydrat täglich gelten als Standard und füllen Speicher innerhalb von Wochen[1].
Die Dosis von 3–5 g/Tag hat sich in Studien als optimal erwiesen, da sie intramuskuläre Kreatinspeicher effizient aufbaut und erhält, ohne bei den meisten Nutzern Magen-Darm-Probleme auszulösen. Höhere Dosen bieten kaum Mehrwert, während niedrigere Dosen langsamer wirken.
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Ladephase: Optional 4×5 g/Tag für 5–7 Tage verkürzt die Speicherfüllung; nicht zwingend, da 3–5 g/Tag über 3–4 Wochen denselben Effekt erzielen[1].
Eine Ladephase beschleunigt die Sättigung der Kreatinspeicher, ist aber nicht notwendig. Kontinuierliche Einnahme ohne Ladephase vermeidet potenzielle Magenprobleme und gleicht Speicher in wenigen Wochen aus.
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Timing: Flexibel: Nüchtern, mit Mahlzeit oder nach Training; Konsistenz wichtiger als Zeitpunkt[1].
Der Zeitpunkt der Einnahme hat nur geringen Einfluss auf die Speicherfüllung. Wichtig ist, täglich die Dosis einzunehmen. Einige Studien deuten an, dass Einnahme nach dem Training mit Protein/Kohlenhydraten die Aufnahme leicht unterstützen kann.
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Flüssigkeit: Ca. 100–150 ml Wasser pro Gramm Kreatin, zusätzliche allgemeine Hydrierung empfohlen[6].
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt die intrazelluläre Aufnahme von Kreatin und beugt Dehydratation vor. Bei intensiver Belastung erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf.
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Form: Kreatinmonohydrat ist am besten erforscht, günstig und effektiv. Andere Formen (HCl, Ester) bieten keine nachgewiesenen Vorteile[1].
Kreatinmonohydrat hat die meisten Studien hinter sich, zeigt beste Bilanz von Wirksamkeit und Verträglichkeit. Andere Formen kosten oft mehr und liefern keinen zusätzlichen Nutzen.
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Qualität: Reinheit beachten (Informed-Sport, geprüfte Hersteller), Verunreinigungen vermeiden[7].
Wähle geprüfte Produkte mit Zertifikaten, um Schadstoffe wie unerwünschte Schwermetalle oder Verunreinigungen zu vermeiden. Seriöse Hersteller veröffentlichen Laborberichte.
Nebenwirkungen & Risiken
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Wassereinlagerung: Intrazelluläres Wasser erhöht Zellvolumen; Gewichtszunahme von 1–2 kg ist normal und reversibel beim Absetzen[1].
Die Wassereinlagerung steigert das Zellvolumen und kann anabole Signale fördern. Das erhöhte Gewicht ist kein Fettzuwachs und entzieht sich beim Absetzen.
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Magen-Darm: Selten Beschwerden bei hohen Einzeldosen (>10 g/Tag); 3–5 g/Tag gut verträglich. Bei Bedarf in Portionen aufteilen[1], [7].
Hohe Einzeldosen können Osmose-bedingt Magenbeschwerden auslösen. Mehrere kleinere Portionen über den Tag verteilt minimieren dieses Risiko.
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Nierenfunktion: Keine Schädigung bei gesunden Personen; Kreatinin-Anstieg im Normbereich. Personen mit Niereninsuffizienz sollten ärztlichen Rat einholen[1].
Studien über Jahre hinweg zeigen keine Nierenschäden bei gesunden Anwendern. Erhöhter Kreatininwert ist Folge des Kreatinabbaus, nicht Nierenschaden.
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Krämpfe/Dehydratation: Keine Evidenz für erhöhtes Risiko; teils weniger Krampfanfälle bei Anwendern beobachtet. Ausreichende Hydrierung bleibt wichtig[6].
Frühere Mythen zu Krämpfen entbehren wissenschaftlicher Grundlage. Gute Flüssigkeitszufuhr ist allgemein beim Sport unerlässlich, unabhängig von Kreatin.
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Hormonspiegel/Fruchtbarkeit: Keine negativen Effekte auf Testosteron oder Fruchtbarkeit nachgewiesen; geringe Veränderungen in DHT ohne klinische Folgen[8].
Studien zeigen keine relevanten hormonellen Nebenwirkungen. Geringfügige DHT-Veränderungen bleiben im normalen Bereich und sind klinisch unbedeutend.
Pro & Kontra
Pro: Gut belegte Steigerung von Kraft, Muskelmasse, Regeneration; kostengünstig und sicher bei empfohlener Einnahme[1], [2].
Kontra: Gewichtszunahme durch Wasser kann bei Gewichtsklassen-Sport hinderlich sein; begrenzte Effekte bei Ausdauersport; ca. 20–30 % Non-Responder bei schon hohen Speicherständen oder genetischen Unterschieden; dauerhafte Einnahme nötig; Produktqualität variiert.
Mythen & Fakten
- „Kreatin ist Steroid/Dopingmittel“: Falsch. Körpereigene Substanz, legal und nicht auf Dopinglisten[1].
Kreatin wird nicht als Doping klassifiziert, da es natürlich im Körper vorkommt und keine hormonellen Effekte aufweist.
- „Schädigt Nieren“: Unbegründet bei gesunden Personen; Vorsicht bei Niereninsuffizienz[1].
Langzeitstudien belegen Sicherheit; erhöhter Kreatininwert ist normaler Stoffwechselprozess, kein Zeichen von Nierenschaden.
- „Verursacht Krämpfe/Austrocknung“: Studien zeigen kein erhöhtes Risiko, teils geringere Krampfanfälle[6].
Frühere Vermutungen basierten auf Einzelfällen. Kontrollierte Studien finden keinen kausalen Zusammenhang.
- „Nur für junge Männer“: Auch Frauen und Ältere profitieren (EFSA 2016; Xu et al. 2024)[2], [4].
Studien belegen positive Effekte bei verschiedenen Alters- und Geschlechtsgruppen, wenngleich individuelle Reaktionen variieren können.
- „Ladephase zwingend“: Nicht nötig; 3–5 g/Tag reichen zur Speicherfüllung[1].
Kontinuierliche Aufnahme ohne Ladephase verhindert mögliche Nebenwirkungen und erzielt im Zeitraum von einigen Wochen denselben Effekt.
- „Nur Wasserbindung“: Zusätzlich echter Muskelaufbau durch Training und anabole Effekte[1].
Wasserbindung tritt auf, unterstützt aber Zellvolumen und anabole Signalwege; kombiniert mit Widerstandstraining führt es zu echter Hypertrophie.
Quellen und Literatur
- Kreider RB, Kalman DS, Antonio J, et al. International Society of Sports Nutrition position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine. J Int Soc Sports Nutr. 2017;14:18. DOI: 10.1186/s12970-017-0173-z.
- EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). Creatine in combination with resistance training and improvement in muscle strength: evaluation of a health claim pursuant to Article 13(5) of Regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal. 2016;14(2):4400. DOI: 10.2903/j.efsa.2016.4400.
- EFSA Panel on Nutrition, Novel Foods and Food Allergens (NDA). Creatine and improvement in cognitive function: evaluation of a health claim pursuant to article 13(5) of regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal. 2024;22(11):9100. DOI: 10.2903/j.efsa.2024.9100.
- Xu C, Bi S, Zhang W, Luo L. The effects of creatine supplementation on cognitive function in adults: a systematic review and meta-analysis. Front Nutr. 2024;11:1424972. DOI: 10.3389/fnut.2024.1424972.
- Dalbo VJ, Roberts MD, Stout JR. Putting to rest the myth of creatine supplementation leading to muscle cramps and dehydration. Br J Sports Med. 2008;42(7):567-568. DOI: 10.1136/bjsm.2008.046194.
- Persky AM, Brazeau GA. Clinical pharmacology of the dietary supplement creatine monohydrate. Pharmacol Rev. 2001;53(2):161-176. PMID: 11485182.
- Williams MH. Creatine supplementation and health outcomes: overview. Nutr Rev. 2001;59(6):161-172. PMID: 11470563.